Neuschönau.Angesichts des Kabinettsbeschlusses des Bundes zum neuen EEG-Gesetz herrscht großes Unverständnis bei den örtlichen Wasserkraftbetreibern (PNP berichtete mehrmals). Unter anderem soll die EEG-Förderung für Kleinanlagen mit einer Leistung bis 500 kW gestrichen werden.
"Gerade in den Zeiten, in denen der Wandel hin zu erneuerbaren, krisensicheren und zuverlässigen Energien überall propagiert wird, überrascht diese Entscheidung sehr und ist der Supergau für alle Betreiber von kleinen Wasserkraftanlagen", betont Klaus Schuster, Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke eG, bei Besuchen des CSU-Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl sowie des CSU-Landtagsabgeordneten Max Gibis bei der Wasserkraftanlage von Michael Segl in Neuschönau, wozu sich knapp 20 Betreiber von Wasserkraftanlagen sowie auch Bürgermeister Alfons Schinabeck eingefunden hatten.
Das aktuelle Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) sichert den Erzeugern von Erneuerbaren Energien, darunter auch den Wasserkraftbetreibern, eine fixe Einspeisevergütung für den erzeugten Strom für eine Laufzeit von 20 Jahren. Durch die Novellierung des EEG-Gesetzes will der Bund den Strompreis für Unternehmen und Verbraucher noch schneller als geplant absenken und die EEG-Umlage für die Verbraucher bereits zum 1. Juli 2022 komplett abschaffe, teilen beide Abgeordneten in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit.
"Für Kleinwasserkraftwerke fällt damit nicht nur die Finanzierungsgrundlage weg, da man dann künftig nach Börsenpreis verkaufen müsste, der die Kosten kaum deckt, sondern durch den Wegfall der Bezeichnung der kleinen Wasserkraft als öffentliches Interesse im Gesetzestext fehlt auch jegliche Zukunftsperspektive", betonte Klaus Schuster. "Ohne ein öffentliches Interesse werden wir uns bei der Verlängerung von Wasserrechten hohen Auflagen der Genehmigungsbehörden ausgesetzt sehen."
Als Argument für den Wegfall der Förderung bei Wasserkraftanlagen bis 500 kw/h wird herangezogen, dass bundesweit betrachtet die kleine Wasserkraft keinen nennenswerten Beitrag zur Energieversorgung darstellt. "Regional betrachtet ist diese Aussage jedoch falsch", macht Klaus Schuster klar. "Im Bayerischen Wald gibt es viele Kommunen, die größtenteils über regionale Wasserkraft versorgt werden", bestätigen auch Wasserkraftwerksbetreiber Michael Segl und Bürgermeister Alfons Schinabeck. Mehr als die Hälfte der deutschen Wasserkraftanlagen stehen in Bayern und erzeugen damit auch über 50 Prozent des deutschen Stromertrags aus Wasserkraft. Während die 4248 Wasserkraftwerke in Bayern über 20 Prozent des benötigen Stroms für Industrie, Wirtschaft und Endverbraucher erzeugen, bezieht der Regierungsbezirk Niederbayern sogar 36,7 Prozent seines Strombedarfs aus der Wasserkraft. Im Landkreis Freyung-Grafenau erzeugen 138 Wasserkraftwerke, von denen nur drei über 500 kw/h produzieren, etwa 27,6 Prozent des Stroms. In einzelnen Gemeinden wie etwa Mauth werden sogar bis zu 80 Prozent des Stromverbrauchs mit Wasserkraft gedeckt.
"Das Ende der Einspeisevergütung für Kleinwasserkraftwerke steht sowohl dem Erreichen der Klimaschutzziele entgegen und ist auch in der aktuellen angespannten energiepolitischen Lage nicht sinnvoll", so MdB Thomas Erndl. Das Wegfallen der Fördermittel würde in Bayern über 90 Prozent der Wasserkraftanlagen betreffen, die keinerlei Einspeisevergütung mehr bekämen und ist damit auf dem Weg zu erneuerbaren und sauberen Energien ein völlig falsches Zeichen", ergänzt MdL Max Gibis.
"Rund eine Milliarde kwh/Jahr kommt alleine in Bayern von der kleinen Wasserkraft, was alleine rund 340000 Haushalt versorgt", macht Klaus Schuster noch einmal die Tragweite klar. "Ohne eine Grundvergütung müssen viele kleine Wasserkraftanlagen mit zehn oder 20 kw/h Leistung den Betrieb einstellen, weil die Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, vor allem was Investitionen und Modernisierungen betrifft." Kraftwerksbetreiber Michael Segl ergänzt dazu: "Und selbst wenn wir Betreiber weitermachen wollen, befürchten wir für Modernisierungen oder Reparaturen keinen Kredit mehr zu bekommen, da keine gesicherten Einnahmen durch den schwankenden Börsenpreis vorzuweisen sind."
Auf Argumente von Umwelt- und Naturschutz- sowie Fischereiverbänden, wonach die Durchgängigkeit der Gewässer nicht garantiert und der Lebensraum für viele Fische damit gestört sei, erwidern die Wasserkraftwerksbetreiber: Laut Schätzungen des WWF gibt es in Bayern ca. 57000 Querbauten in Flüssen, darunter aber nur 4248 Wasserkraftwerke, wovon 70 Prozent eine Fischwanderhilfe hätten.
"Insgesamt sehen wir in der Wasserkraft noch viel mehr Potenzial, um sauberen Strom zu erzeugen, Fischwanderhilfen anzulegen und auch Hochwasserschutz zu betreiben", waren sich die kleinen Wasserkraftwerkbetreiber einig.
Forderungen, denen sich auch der FW-MdL Manfred Eibl anschließt. Er kritisiert, dass "diese sichere und grundlastfähige Energie nun bis zur vollständigen Klimaneutralität durch Kohle und Gas aus zweifelhafter Herkunft ersetzt werden muss. Zudem liefern kleine Wasserkraftanlagen, die aufgrund ihrer Größe von der Direktvermarktung abgeschnitten sind, im Durchschnitt aller EEGs für rund 10 Cent/kWh Strom ins Netz. Strom aus Gas kostet derzeit rund 20 Cent/kWh."
Die Bayerische Staatsregierung habe die Problematik mittlerweile erkannt und ihre Unterstützung für die bayerischen Kleinwasserkraftanlagen zugesichert, teilen die drei Politiker mit. So habe das Bayerische Kabinett bei seiner Sitzung am 26. April beschlossen, im Bundesrat entsprechende Korrekturen vorzuschlagen. Gerade das im Oktober 2021 angelaufenen Förderprogramm des Freistaats für Wasserkraftanlagen zum Ausbau von technisch-ökologischen Modernisierungsmaßnahmen würde ohne eine Förderung durch das EEG für Anlagen unter 500 kw/h vollkommen ins Leere laufen. − pnp
Bild: MdB Thomas Erndl (mitte) zusammen mit Klaus Schuster (4. v. r.) und Michael Segl (3. v. l.) im Gespräch mit zahlreichen Betreibern von kleinen Wasserkraftwerken.